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Klaus D. Holzborn                            Lokomotivportrait                         Baureihe 780-5

 

T18 der preussischen Staatsbahn

DRG: Baureihe 78           DB: 078

1. Baujahr: 1912

Entwicklung und Bau
Die Entwicklung der als preussische T18 bezeichnete Tenderlokomotive wurde aufgrund der schlechten Erfahrungen mit der preussischen T10 (später Baureihe 76) durchgeführt, da schnelle und vor allem leistungsfähige Tenderlokomotiven benötigt wurden, gerade um den Verkehr zwischen den Kopfbahnhöfen Wiesbaden und Frankfurt/Main in Vorwärts- und Rückwärtsfahrt durchzuführen. Die Firma Vulcan in Stettin entwarf zusammen mit Garbes Nachfolger Hinrich Lübken (übrigens seine erste selbstverantwortliche Entwicklung) die preussische T18 als symmetrische Lokomotive. Genau wie bei der T10 stand auch diesmal die preussische P8 Pate, doch während die T10 das 2’C-Fahrwerk der P8 erhalten (und somit bei Rückwärtsfahrten enorme Schwierigkeiten) hatte, erhielt die T18 die Radsatzfolge 2’C2’, nur 1650 mm grosse Treibräder und symmetrische Radsatzstände. Eine ähnliche Bauart gab es schon 7 Jahre vorher bei der Elsässischen T17, wo sie sich jedoch nicht optimal bewährt hatte, weil sie noch als Nassdampflokomotive gebaut wurde. Doch sicherheitshalber wurden die ersten zehn Lokomotiven nicht in Hessen, sondern auf Rügen eingesetzt. Erstens war das bedeutend näher am Herstellerwerk und zweitens nahm der Schnellzugverkehr hier seit 1909 in Richtung Schweden mit schweren Schnellzugwagen enorm zu, denn zwischen Altefähr und Sassnitz bestand eine Inselstrecke, und Altefähr besass keine Drehscheibe, so dass die bisher eingesetzten T12 (später Baureihe 74.4) stets in Doppeltraktion und oft mit zwei Lokomotiven Nachschub unterwegs waren.

(c) K.D. Holzborn  2008

oben: Zeichnung 78 012 mit Ursprungskessel und Knorr-Oberflächenvorwärmer Zustand 1927

Die neue Lokomotivbauart war jedoch von Anfang an ein Erfolg, schon ein Jahr nach der Auslieferung der ersten zehn Lokomotiven erfolgten Folgeaufträge aus anderen Direktionsbereichen. Erst 1914 kamen die Lokomotiven auch nach Hessen und wurden im vorgesehenen Bereich eingesetzt, die T10 dagegen wanderte in die Provinz nach Alzey und Darmstadt ab, sie wurde überwiegend nur noch vorwärts eingesetzt. Bald erkannten auch die Direktionen Köln und Essen die Bedeutung der T18 und orderten Lokomotiven für den Nahverkehr im Rhein-Ruhr-Gebiet. Nach 200 ausgelieferten Lokomotiven änderte Preussen ab 1921 sein Nummerierungssystem, bisher trugen die Lokomotiven eine Nummer und anschließend die Direktionsbezeichnung. Da jede Direktion mit der gleichen Nummer begann, gab es bald Probleme beim Loktausch, Umzeichnungen etc. waren die Folge. Also wurde die Direktion Essen als alleinige namensgebende Direktion verwendet. Die T18 erhielt die Nummerngruppe 8400. Die erste Lok wurde zur 8401 Stettin, die erste Mainzer Lok dann 8401 Mainz und so weiter.
Die 1920 gegründete Deutsche Reichsbahn teilte ihr zunächst die Baureihe 56 zu, die aber bereits im 2. Umzeichnungsplan auf 78 geändert wurde. Da die Lokomotive so erfolgreich war, erhielt auch Henschel Aufträge. Auch wurde die Lokomotive nach 1922 weitergebaut, auch eine Nachfolgerin in Form einer Einheitslokomotive wurde zwar angedacht (Baureihe 63), aber nie konstruktiv zu Ende (weder 1926 bei der DRG noch 1949 bei der DB) geführt, da die Lokomotive allerorten befriedigte und so bis 1924 weitergebaut werden durfte. Insgesamt wurden 544 Lokomotiven gebaut.

Einsatz und Ausmusterung

Die ersten Lokomotiven wurden wie erwähnt auf Rügen (Bw Sassnitz) eingesetzt, bald folgten der Mainzer und Frankfurter Raum, dann das Saarland und Erfurt sowie Breslau. Erste Essener T18 war logischerweise 8401 Essen, die 55. Lokomotive. Auch Köln und Danzig sowie die Eisenbahnen in Elsass-Lothringen und Württemberg bestellten T18, die Direktion Elberfeld (später Wuppertal) versuchte es mit der T12, ebenso wie Berlin und Altona (später Hamburg), doch Wuppertal erhielt erst 1921 zwei Lokomotiven, die dann sogleich nach Oberschlesien verliehen wurden. Die Lok 8443 Essen war dann die erste, die nicht in der Direktion Essen beheimatet wurde und nach Trier kam.

Zwischen 1925 und 1928 erfolgte die Umzeichnung, die T18 wurde zur Baureihe 78. Die Lokomotiven wurden dem Alter bzw. der Fabriknummer nach als 78 001 bis 282 und 351 bis 401 umgezeichnet, ab 78 402 wurden sie ab Werk direkt mit Reichsbahnnummer ausgeliefert bis zur 78 523.
Die Vulcan-Werke in Stettin hatten gehofft, einen Auftrag für die Bagdad-Bahn zu erhalten und produzierten im Voraus vier Lokomotiven, die dann, als Henschel den Auftrag bekam, als 78 524 bis 78 528 im Jahre 1927 von der Reichsbahn übernommen wurden.

Im Jahre 1922 erhielt das Bw Lennep in der Direktion Elberfeld T18, weitere wurden 1925 nach Augsburg, Nürnberg und München versetzt. Auch Hamburg war ab 1924 dabei, so dass die T18 neben der P8 in ganz Deutschland heimisch wurde.
Das Saarland und Elsass-Lothringen behielt seine T18, erstere kamen erst 1925 als 78 283-328 zur Reichsbahn (einschließlich Nachbauten von Hanomag und Franco Belge), die Elsässer Lok wurden dann von der SNCF eingereiht.
Spektakulär ist der Nachbau von zwei Lokomotiven 1936 und 1939 von der Eisenbahn Lübeck-Eutin (ELE), die gerade für den Abschnitt Lübeck – Bad Schwartau geeignete leistungsfähige Lokomotiven benötigte und sich von Henschel zwei T18 nachbauen liess.

Insgesamt sieht die Verteilung aller gebauten T18 so aus:

333  an Preussen (K.P.E.V.)
  27 an Elsass-Lothringen (E.L.)
  20 an Württemberg (K.Württ.St.B.)
  27 an SAAR
127 an Deutsche Reichsbahn Gesellschaft (DRG)
   8 an Bagdad-Bahn (später Türkei)
   2 an ELE (siehe oben, 1941 an DRG)

544 Gesamt

Im Jahre 1941 waren 508 bei der Reichsbahn, 26 in Frankreich, 8 in der Türkei und die beiden 1920 an Belgien als Reparation abgegebenen Loks sind unauffindbar.
Nach dem Kriege (1945) mussten 24 Lokomotiven ausgemustert werden, 377 blieben bei der späteren DB, 32 bei den SAAR-Bahnen, 50 bei der Deutschen Reichsbahn in der späteren DDR, 24 in Frankreich, 26 in Polen und schließlich 8 in der Türkei.
Bei der DB wurde ab 1953 der Hamburger Bestand enorm verstärkt, weil die 74er nicht mehr in der Lage waren, dem gesteigerten Verkehrsaufkommen gerecht zu werden. Allein im Bw Hamburg Hbf (früher Berl) waren fast 50 Lokomotiven der Baureihe 78 beheimatet! Insgesamt hatte die Hamburger Direktion 83 Maschinen.

Die 78er wurden dann noch nach diversen Versuchen wendezugtauglich und lösten so in Wuppertal im Stadtverkehr die 74er und 64er ab, aber auch in Essen, Frankfurt, Braunschweig und Hamburg war sie im Wendezugeinsatz bis zum Ende der 60er Jahre zu finden.
Im Jahre 1968 führte die DB eine computerlesefähige Lokomotivnummer ein, dabei behielten die 78er ihre Nummern, es kam lediglich eine 0 vorne vor und nach einem Bindestrich wurde die Prüfziffer ergänzt, aus der 78 246 wurde nun 078 246-6. Im Jahre 1970 führte die DR ein ähnliches System ein, diesmal behielt man die Baureihennummer bei und fügte eine 1 vor der Ordnungsnummer ein, den Abschluss bildete wieder die Kontrollziffer nach einem Bindestrich, aus 78 425 wurde 78 1425-4. Übrigens war die 78 425 die einzige 78er mit Gegendruckbremse und Giesel-Ejektor (sie war von 1964 bis 1967 beim VES-M in Halle, bevor sie nach Pasewalk ging).
Der enorme Bestand an neugebauten V100 machte schliesslich der 78er ab 1966 das Leben schwer, besonders die auf 1350 PS verstärkte Version. So endete im Jahre 1969 bei der DB der Einsatz in grösserem Rahmen, die restlichen Lokomotiven werden in Saarbrücken, Mayen und Tübingen bzw. dann zum Schluss in Rottweil zusammengezogen, wo sie bis zum Ende des Jahres 1974 bleiben. Letzte Lok ist 78 246, die ihre letzte Fahrt am 29. Dezember 1974 durchführte und danach noch im Juni 1965 mit eigener Kraft zum Deutschen Dampflok Museum nach Neuenmarkt-Wirsberg fuhr.
Bei der DR war der 78er Einsatz schon früher beendet, hier machten sich die Lokomotiven zunächst nur in Thüringen und im Erfurter Bezirk nützlich, wanderten dann nach dem Mauerbau auch nach Berlin und schließlich nach Pasewalk, Seddin/Wustermark und Frankfurt/Oder. 1972 wurde in Pasewalk der Einsatz bei der DR beendet.
Erhalten blieb die 78 009 in Dresden als rollfähige Denkmallok, die 78 468 zunächst in Hamburg, heute bei der EPEG (Emscher Park Eisenbahn Gesellschaft, verliehen an die WLE in Lengerich und betriebsfähig), die 78 246 im DDM und je eine 78er in Warschau und in der Türkei sowie die 78 192 als Schrottlok in Tuttlingen.

Bauartunterschiede

Wie bei allen über einen längeren Zeitraum gebauten Lokomotiven flossen mit der Zeit Verbesserungen ein, die bei den preussischen Lokomotiven zwischen den Jahren 1916 und 1922 eklatant waren. Ab etwa 1916 wurde der Knorr-Oberflächenvorwärmer eingeführt, er ersetzte bei den T18 den bisher gebräuchlichen Vulcan-Vorwärmer unterhalb der Rauchkammer auf dem Umlauf. Ältere Lokomotiven erhielten nach und nach auch diesen Knorr-Oberflächenvorwärmer. Er dienst dazu, das Kesselspeisewasser vorzuwärmen, daher wird der Abdampf der Pumpen und der Lichtmaschine (Generator) in einen Heizschlange geleitet, wo das dem Kessel zufliessende Wasser erwärmt wird. Die Führerhausbelüftung wurde ab 1919 bereits bei der T18 geändert, es kam ein besonderer Lüfteraufsatz aufs Führerhausdach, der dann später auch bei den anderen preussischen Loks zum Einbau kam.
Besondere Schwierigkeiten bereiteten den Heissdampflokomotiven die Zusätze im Wasser, so dass verschiedene Methoden entwickelt wurden, das Kesselwasser zu enthärten und von den Zusätzen zu befreien. Dazu wurde erstmals im Jahre 1921 ein sogenannter Schlammabscheider im unteren Bereich des Kessels vorgesehen, bei dem die sich ablagernden Zusatzstoffe (als Schlamm bezeichnet)  aus dem Kessel entfernt werden konnten, diese Kessel der Bauart 1921 besassen noch keinen Speisedom, nur zwei direkt hintereinander angeordnete Dome und werden als Übergangskessel (ein blödes Wort) bezeichnet. Nur die T18 des Baujahres 1921 (die späteren 78 202 bis 78 239) erhielten diesen Kessel, der später durch Tausch auch auf andere Lokomotiven gelangte, aber dennoch relativ selten anzutreffen war.

(c) K.D. Holzborn  2008

78 232 mit Übergangskessel und geradem Kohlekastenaufsatz, Lüfterband auf dem Führerhausdach, elektrischer Beleuchtung und Glocke, Zustand etwa ab 1936

Ab 1922 gelangte dann der Kessel mit Speisedom zum Einsatz, als Besonderheit wurde der Sandkasten nun rechteckig ausgeführt und der Speisedom zur Kesselmitte versetzt, der Dampfdom befand sich nun ganz vorne. Hiermit sind bis 1939 alle 78er ausgestattet worden. Der Sandkasten konnte allerdings auch in rund ausgeführt werden. Die E.L.E. 2 (später 78 330) besass zwei runde Sandkästen, der zweite wurde zwischen Dampfdom und Kamin angeordnet. Desgleichen rüstete man die Bagdad-Loks dann nachträglich aus (nur eckige Sandkästen). Im Zuge vom Ausbesserungen kamen ab und zu auch relativ hohe Dampfdomabdeckungen, wie sie sonst nur bei der G8 oder G10 bzw. P8 verwendet wurden, zum Einbau.
Im Jahre 1950 begann die DB im Frankfurter Raum mit Wendezugversuchen, die schliesslich vereinheitlicht wurde und in den Grossräumen Hamburg, Braunschweig, Rhein-Ruhr, Saarbrücken und Rhein-Main zum Einsatz kam. In Wuppertal, Essen und Hamburg fuhren die 78er sozusagen im S-Bahn-Vorlauf-Betrieb im Taktverkehr.

(c) K.D. Holzborn  2008

Die Zeichnung der 78 246 zeigt den Serienkessel mit vorn liegendem Dampfdom und eckigem Sandkasten.

Weitere Änderungen war die Ausrüstung mit elektrischer Beleuchtung, damit konnte der in der Tenderrückwand eingelassene Gasbehälter entfallen und das Loch wurde zugeschweisst. Die Lichtmaschine wurde nicht einheitlich angebracht, mal auf der linken, mal auf der rechten Seite. Nur die DR vereinheitlichte ihre 78er und ordnete an, dass die Lichtmaschine grundsätzlich auf der rechten Seite anzubringen sei. Zwischen 1930 und 1939 wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei den Lokomotiven 78 011 bis 528 von 90 auf 100 km/h durch das Ausbohren der Gegengewichte und Optimierung der Steuerung erhöht.

Konstruktionsmerkmale

Kessel: Genieteter Kessel, Feuerbüchse und Stehbolzen aus Kupfer, Oberflächenvorwärmer Bauart Vulcan, spätere Serien bzw. Umbauten Bauart Knorr; Ramsbottom-Sicherheitsventile, bei DB Umbau von einigen Loks auf die Bauart Ackermann. Ab 1950 Speisewasseraufbereitung nach dem französischen TiA-System im Saarland bzw. Speisewasserinnenaufbereitung bei der DB.
Rahmen: 30 mm starker Blechrahmen mit Stahlgussversteifungen im Bereich der Drehgestelle.
Laufwerk: Alle Kuppelradsätze fest im Rahmen gelagert, jeweils der erste Treibradsatz wird in Fahrtrichtung gesandet.
Triebwerk: Zweizylinder-Heißdampftriebwerk, Zylinder zwischen dem Radsätzen des ersten Drehgestelles waagerecht angeordnet, Antrieb auf dem zweiten Kuppelradsatz.
Steuerung: Heusinger-Steuerung mit Hängeeisen (78 006 bis 010 mit Kuhnscher Schleife), Kolbenschieber Bauart Schichau.
Bremse: Druckluftbremse der Bauart Kunze-Knorr mit Zusatzbremse.
Sondereinrichtungen: Umbau auf elektrische Beleuchtung (78 524-528 bereits ab Werk).

 

TECHNISCHE DATEN

Lokomotive

Bauart                               2’C2’-h2t
Bauzeit                            1912-25
Gesamtserie                      544 Stück
Hersteller     Vulcan, Hanomag, Henschel, Franco-Belge
Zylinderdurchmesser          560 mm
Kolbenhub                        630 mm
Treibraddurchmesser        1.650 mm
Laufraddurchmesser         1.000 mm
Länge über Puffer          14.800 mm
Höchstgeschwindigkeit      100 km/h*
Indizierte Zugkraft        11.500 kg
Indizierte Leistung            840 kW
Gewicht Lok                    100 t

Kessel

Kesseldruck                          12 bar
Dampfraum                        2,87 m3
Wasserraum                     5,65 m3
Verdampfungsheizfläche   135,49 m2

Vorräte

Kohle                                4,5 t
Wasser                               12 m3

* anfangs 90 km/h, erst durch Ausbohren der Gegengewichte auf 100 km/h umgestellt, nicht bei allen Lokomotiven.

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