Gattung DT1 der Bundesbahnen Österreich 1. Baujahr: 1935
In den dreißiger Jahren flammt der Kampf Strasse gegen Schiene auf, in erster Linie ziehen moderne Autobusse den Verkehr an sich, die Bahn ist zunächst nicht in der Lage, dagegen zu halten. Die vorhandenen Lokomotiven sind zu langsam, zu unwirtschaftlich und zu personalintensiv. So entscheiden sich die Bundesbahnen Österreichs (BBÖ) für eine Neukonstruktion einer modernen Dampflokomotive, die für den Einmannbetrieb hergerichtet ist. Um das Mitführen eines Dienstwagens zu vermeiden, wird im mittig angeordneten Führerhaus auch ein Arbeitsplatz für den Zugbegleiter mit einem Schreibpult eingerichtet. Über seitliche Schiebetüren, Klappbrücken und Seitengänge, die mit Geländern gesichert sind, kann das Personal auch während der Fahrt von der Lokomotive zum Zug gelangen. Ölfeuerung, mittig angeordnete Bedienelemente und ein neuartiger Wachsamkeitskontrollmechanismus ermöglichen die einmännige Bedienung. Das symmetrisch angeordnete vierachsige Fahrwerk (Radsatzanordnung 1‘B1‘) der als DT1 (DT für Dampftriebwagen) bezeichneten Lokomotive ermöglicht die Unterbringung eines leistungsfähigeren Kessels mit Schmidt-Überhitzer, sogar eine Heinl-Mischvorwärmeranlage wird eingebaut. Zur besseren Sicht des Lokomotivführers in beiden Richtungen wird der Ölbunker und der Gepäckraum ebenso wie die Kesselabdeckung auf eine Breite von 1700 mm, ab der dritten Lokomotive auf 1950 mm eingezogen. Trotz des relativ geringen Treibraddurchmessers von 1450 mm wird eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zugelassen, womit die Lokomotive deutlich schneller ist als seinerzeitige Autobusse und Triebwagen. Bisselgestelle sorgen mit Rückstellfedern und großem Radsatzstand für einen guten Lauf in beide Richtungen. Zwei Prototypen stellt die Lokomotivfabrik Wien-Floridsdorf (WLF) als DT1.01 und 02 im Jahre 1935 her, kurze Zeit darauf die etwas veränderte Serie mit zunächst acht Exemplaren mit grösseren Wasserkästen und etwas höherem Kamin zur Saugzugverbesserung. Ebenfalls wird auf die einmännige Bedienung und die Ölfeuerung verzichtet, dafür wurden bei Versuchsfahrten Leistungen von indizierten 300 kW und eine Höchstgeschwindigkeit von 136 km/h erreicht. Im Jahr 1937 kommt es zu einer Nachbestellung mit nochmals vergrösserten Vorräten in einer Stückzahl von 10 Exemplaren.
Einsatz und Ausmusterung
Die Deutsche Reichsbahn übernimmt die 20 Dampftriebwagen als Lokomotiven und teilt ihnen die Betriebsnummern 71 501 bis 520 zu, analog zu der Baureihe 71.0, das deutsche Gegenstück ohne Gepäckabteil. Die Einsätze erfolgen meist von Wien aus im Zeitungskurierdienst und im Eilgutverkehr sogar bis Linz/Donau. Beheimatet werden sie in Villach, Graz, Wien-Nord und Wien-Aspangbahn sowie in Linz/Donau. Während des Krieges werden zehn Exemplare dem Bw Rosenheim zugeteilt, hier dienen sie auch zur Heizung der Lazarettzüge, sie laufen gleich hinter der Ellok mit. Zwei Lokomotiven werden im Krieg beschädigt (504 und 513), im Jahre 1952 sind alle anderen 18 wieder in Österreich, nachdem auch die DB ihre Exemplare zurückgegeben hat. 1953 werden sie wieder als Triebwagen eingereiht und sie erhalten die Nummern 3071.01 bis 3071.20. Am Einsatzgebiet ändert sich wenig, Im Jahre 1967 endete der Planeinsatz auf der Nordbahnstrecke. Die Lokomotive 3071.07 (DR 71 507, WLF 1935/3081) bleibt in der Fahrzeugsammlung des Technischen Museums in Wien erhalten, 1997 gibt es grünes Licht zur Aufarbeitung und heute ist diese Lokomotive in Strasshof betriebsfähig.
Konstruktionsmerkmale
Kessel: Genieteter Kessel mit einer Rohrlänge von 3250 mm zwischen den Rohrwänden, Kupferfeuerbüchse, Stehkessel zwischen den Rahmenwangen, Kesselmitte 2250 mm über Schienenoberkante, Sicherheitsventile Bauart Pop am Dampfdom, Dampfpfeife, Prototypen ab Werk mit Ölfeuerung, später Umbau auf Kohlenfeuerung, Heinl-Mischvorwärmeranlage. Speiseeinrichtungen: Zwei saugende Dampfstrahlpumpen. Rahmen: Genieteter Blechinnenrahmen. Laufwerk: Beide Kuppelradsätze sind fest im Rahmen gelagert, Bissel-Lenkgestell der Vorlaufradsätze mit 60 mm radialer Seitenbewegung, Vierpunktabstützung. Triebwerk: Zweizylinder-Heißdampftriebwerk, Antrieb auf dem zweiten Kuppelradsatz, zweischienige Kreuzkopfführung. Steuerung: Außenliegende Heusinger-Steuerung, Kolbenschieber mit innerer Einströmung und Lentz-Ventilsteuerung, Hebelumsteuerung. Bremse: Vakuumbremse, für den Zug Druckluftbremse Bauart Westinghouse, einseitige Abbremsung aller Radsätze. Sondereinrichtungen: Sandstreubehälter für den ersten Kuppelradsatz jeweils in Fahrtrichtung von vorn auf dem Umlauf, elektrische Beleuchtung mit Turbogenerator, Dampfheizungseinrichtung, Gepäckraum und Zugführerraum im Führerhaus.
TECHNISCHE DATEN
Bauart 1‘B1‘-h2t 1. Baujahr 1935 Gesamtserie 20 Stück Hersteller Wiener Lokomotivfabrik Zylinderdurchmesser 290 mm Kolbenhub 570 mm Treibraddurchmesser 1450 mm Vorlaufraddurchmesser 870 mm Höchstgeschwindigkeit 100 km/h Länge über Puffer 11.200 mm Gewicht 44,8/47,2 t Kesseldruck 16 bar Rostfläche 0,83 m² Verdampfungsheizfläche 42,13 m² Kohle 1,8/2,6 t Wasser 6/6,6 m³
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