Bahn-Internet-Magazin

Blatt 3 der Ausgabe 7 -  Juli 2008

 

Schärfe bei digitalen Aufnahmen

Eine IV K in Kretscham-Rothensehma (der Name zergeht auf der Zunge ...) aber mit einem typischen Problem aller digitalen Kameras. Denn vorne ist die Lok knacke-scharf, aber weiter hinten ... Das ist eigentlich unverständlich, wurde doch mit Blende 8 bei 25 (37) mm fotografiert, aus der Erfahrung mit der herkömmlichen Foto-Technik sind dann Aufnahmen eigentlich von 3 m bis Unendlich SCHARF. Aber - Quod errat demonstrandum (was zu beweisen war) - hier nicht, selbst auf der Verkleinerung auf 1/4 erkennt jeder die Unschärfe schon beim Nummernschild am Führerhaus.

Nun, wir haben natürlich ein riesengroßes Problem: Warum fotografieren wir eigentlich solche geometrischen Objekte, wo überall sich Dinge befinden, die wir gerne scharf sehen würden? Bei jeder Blumenwiese oder bei jedem Landschaftsbild fällt es überhaupt nicht auf, wenn mal eine Blume etwas verzerrt oder leicht unscharf ist, aber hier bei den Eisenbahnfotos (von vielen sogar als “Knipsfotos” bezeichnet) ist es anders. Die Schärfe digital ist eben anders.

Hier aus dem oberen Bild mal die 100%-Ausschnitte, deutlich ist vorne die Nummer scharf, aber links an der Seite ...
Stelle ich die Schärfe nicht auf die Rauchkammer, sondern auf das Schild an dem Führerhaus ein, dann kommt das heraus:

Deutlich wird (übrigens ebenfalls Blende 8), dass vorne sich eine leichte Unschärfe bemerkbar macht, aber am Führerhaus ist es zwar schärfer, aber längst nicht so, wie ich es eigentlich erwarten würde.
Warum das so ist, versuche ich nachfolgend zu erklären:

Scharf - Schärfer ?

SCHARF, aber was heisst das?
Das heisst bei der herkömmlichen Fotografie [analog ist falsch, das wäre die Aufzeichnung auf Bänder oder Cassetten], dass ein Bildpunkt von 1/30 mm (= 0,033 mm) noch scharf abgebildet wird. Dazu gab (gibt) es von den Objektivherstellern sogenannte Schärfetiefen- oder Tiefenschärfe-Tabellen, darin steht, dass zum Beispiel bei einem 35 mm Objektiv bei Blende 8 alles von 1,5 Meter bis Unendlich scharf ist, wenn ich das Objektiv auf 6 Meter einstelle. Stelle ich auf Unendlich ein, ist das Bild noch von 3 Meter bis Unendlich scharf, stelle ich auf 3 Meter ein, dann von 1 Meter bis 20 Meter. Das würde bedeuten, dass beim obigen Bild es eigentlich egal sein sollte, ob ich vorne oder hinten auf das Lokomotivschild fokussiere, die Lok müsste komplett im Schärfebereich liegen. Soweit die Theorie bei der herkömmlichen Fotografie. Nein, auch in der Praxis haben wir geglaubt, das Bild sei scharf, sollte das beim Projizieren des Dias an der Leinwand mal nicht so gewesen sein, dann stand die Leinwand etwas schief, oder der Projektor, oder wir waren zu nah dran ...
 
Was bedeutet das beim digitalen Fotografieren?
Eigentlich dasselbe, denn die optischen Gesetze ändern sich ja nicht, oder doch?
Zum einen kommt dazu, dass die Digitalen Kameras es nicht mögen, wenn Lichtstrahlen gebrochen werden, sondern lieber solche hätten, die senkrecht auf den Sensor fallen (dem Film wär’s egal). Zum anderen kommt hinzu, dass wir nun keine Bildkreise mehr haben, sondern Pixel.
Gut, über diese Problematik gibt es Aufsätze, Abhandlungen etc. hier im Internet, aber ich möchte nur ganz kurz auf die Probleme eingehen, sie beim Eisenbahn-Fotografieren so auftreten.
Also die Pixelgrösse ist ausschlaggebend, entweder ist der Pixel scharf getroffen oder der Lichtstrahl hat vier oder mehr Pixel erreicht, dann wäre es das mit der Schärfe gewesen. Aber wie gross ist ein Pixel? Bei einer 10 Mio Pixel Kamera können so ca. 3800 Pixel in der Waagerechten abgebildet werden, bei 17,8 mm (Halbformat-Chip bei Nikon oder EOS) sind das umgerechnet 0,0046842 mm, also weil es ja auch Zwischenräume bei den einzelnen Pixeln gibt, etwa 0,004 mm - bei der analogen Fotografie war der Wert ja 0,033 mm - also ist digital schon von vornherein schärfer?
Auf jeden Fall sehen wir, dass eine deutlich exaktere Scharfeinstellung beim digitalen Fotografieren erforderlich ist als beim herkömmlichen Film.
Während wir beim Film oder Dia uns das Bild vielleicht in Postkartengrösse oder als Dia auf 60 oder 80 cm breiter Leinwand anschauen, haben wir bei unseren Computern die Chance, das Bild auf 100% zu zeigen (das sind dann gut 150 cm). Und wer hat sich sein Dia schon so gross angesehen?
Also wenn wir selbst bei dieser Abbildungsgrösse ein leicht unscharfes Bild zum Ausbelichten geben würden, es wäre bei 10x15 dann superscharf.
Die oberen Bilder verdeutlichen diesen Effekt, Ihr seht, worauf es bei der Schärfe beim digitalen Fotografieren ankommt.

Ach noch etwas: Wenn Ihr jetzt meint, auf Blende 16 oder 22 zu gehen, dann würde es schärfer, dann klappt das digital so nicht, weil wie schon erwähnt bei kleinen Blenden die Lichtstrahlen nicht mehr senkrecht auf den Chipfallen und so mehrere Pixel gleichzeitig belichten, also eine Unschärfe hervorrufen. Dazu kommt, dass kleinere Blenden (also 16 oder 22) etwas bedingen, längere Belichtungszeiten, also erhöht sich die Verwackelungsgefahr.

Und noch etwas: Wenn die einzelnen Pixel die Bildinformationen nicht mehr auflösen können, dann ist eben Schluss. Also ein Loknummernschild ist ideal als Beispiel. Denn wenn das Silber der Neun zum Beispiel exakt auf ein Pixel trifft, dann wird das silbern oder weiss, trifft dagegen die schwarze Platte auf ein Pixel, so wird das schwarz. Nun kann es aber sein, dass das Bildsignal oder der Bildstrahl zu gross ist und nicht ein, sondern gleich vier Pixel trifft. Tut das der danebenliegende Bildstrahl, der allerdings schwarz ist, auch, dann gibt es sogenannte Misch-Pixel, also solche, welche weder weiss noch schwarz sind, sondern ein Mischfarbe, also grau, haben. Diese werden von unserem Auge als Unschärfe empfunden, weil wir ja wissen, etwas Graues gab es da nicht.
Da ist es bei der Blumenwiese oder bei Landschaftsfotos anders, hier fehlt dem Auge die Information, wie es denn gewesen wäre oder sein sollte.
 

Aber beruhigt Euch: Dieser hier beschriebene Effekt tritt zwar auf, relativiert sich aber. Denn wer macht schon von seinem 10-Mio-Pixel-Bild ein Aufsichtsbild von einer Grösse von 100x150 Zentimetern? Wir lassen Bilder in 9x13, 10x15 oder 13x18 machen, vielleicht mal ein Poster von 30x40. Und bei all diesen Formaten sehen wir diesen Effekt nicht mehr so deutlich, es sei denn, wir schauen ganz genau hin. Bei unseren Filmen war es aber genauso.

Es gibt nur eines: Einen guten Kompromiss zu finden zwischen Belichtungszeit und Blende und Tiefenschärfe. Bei schnellfahrenden Zügen haben wir keine Chance, es gilt kürzeste Belichtungszeiten und grösste Blenden zu nehmen, bei stehenden Objekten ist das anders. Hier aber gilt, dass wir darauf achten müssen, wie ruhig wir die Kamera ohne Stativ halten können. Dann gilt festzustellen, wo wir denn gerne die Schärfe hätten. Diesen Punkt sollten wir vor der Aufnahme anmessen und diesen Punkt speichern oder sofort danach auf manuell umstellen. Wie das geht, steht in der Bedienungsanleitung Eurer Kamera. Doch allgemein gilt meiner Erfahrung nach:
                             Beste Blenden digital sind meiner Erfahrung nach 5,6 bis 11.
Eigentlich beneide ich diejenigen, die mit einfachen automatischen Kameras fotografieren, die haben das Problem nämlich nicht, weil deren Kamera solches manuelles Eingreifen erst gar nicht zulässt. Okay, dann gelingt mal ein Bild nicht, aber erstaunlich viele Bilder gelingen doch, dank moderner Technik.

VT 137 322, der Zittauer Schmalspurtriebwagen, wurde hervorragend wieder aufgearbeitet, hier war er am 10. Mai 2008 als Gastfahrzeug auf der Pressnitztalbahn bei Wildbach (kurz vor Steinbach) unterwegs.

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